Das Forschungsinteresse des Dissertationsprojekts richtet sich auf die Bewältigungserfahrungen von geflüchteten Menschen aus Syrien mit dem Verfahren des Familiennachzugs gemäß §§ 27 i. V. m. 36, 36a AufenthG. Im Rahmen dieser biografischen Untersuchung wurden spezifische Handlungs- und Deutungsmuster identifiziert, die sich u.a. im theoretischen Kontext des Postkolonialismus einordnen lassen. Ebenso ermöglichen die gewonnenen Erkenntnisse die Formulierung von Handlungsempfehlungen für die sozialarbeiterische Praxis und können zur Professionsentwicklung der Sozialen Arbeit beitragen. Sozialarbeitende sind nach § 42a Abs. 5 S. 2 SGB VIII dazu angehalten, den Familiennachzug zu unterstützen, sofern dies dem Kindeswohl und dem Interesse der minderjährigen Personen entspricht.
Aufgrund der bislang dürftigen Forschungslage, beispielsweise zu den Auswirkungen der beteiligten Menschen auf ihre gesellschaftliche und soziale Teilhabe, ist das Dissertationsprojekt explorativ und hypothesengenerierend ausgerichtet. Als Forschungsstil findet die Reflexive Grounded Theory (R/GT) nach Breuer et al. (2019) Anwendung, mit dem Ziel der Entwicklung einer Theorie mittlerer Reichweite.
Im Rahmen der R/GT wurden (teil)narrative Interviews nach Schütze (1983) mit Menschen aus Syrien durchgeführt, die Erfahrungen mit dem Nachzugsverfahren ihrer Eltern aufweisen. Mit einer forschungsethischen und machtkritischen Haltung werden die Menschen als Subjekte betrachtet, die zu Adressat*innen der Sozialen Arbeit (Graßhoff 2015) werden können. Die individuellen Perspektiven und Lebenswelten der Gesprächspartner*innen stehen im Fokus dieser empirischen Forschung. Es wird ihnen Raum gegeben, ihre persönliche Lebensgeschichte zu reflektieren und selbst gewählte, für sie relevante thematische Schwerpunkte zu setzen.